Landesverbände
Sicherheitskonferenz West - GEMEINSAM mehr erreichen -
Die Flutkatastrophe hat deutlich gezeigt, dass Notlagen und Zuständigkeiten nicht an Ländergrenzen haltmachen. Der russische Überfall auf die Ukraine zeigt, dass alle in Europa enger zusammenarbeiten müssen. Die DPolG Landesverbände Hessen, Niedersachen, Nordrhein- Westfalen und Rheinland-Pfalz möchten mit diesem Positionspapier deutlich machen, dass im Föderalismus eine engere Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit zwischen den Bundesländern anzustreben ist.
Föderalismus – keine Konkurrenz zwischen den Ländern im Bereich der Inneren Sicherheit
Ziel sollte die Vereinheitlichung der Standards und Einstellungsvoraussetzungen sein, um die Bewerberlage in den Ländern sowohl qualitativ als auch quantitativ zu gewährleisten. Dazu zählt vor allem die Anhebung der Einstiegsämter der verschiedenen Laufbahngruppen und zwar einheitlich länderübergreifend.
Das gilt ebenso für eine identische Absicherung und Versorgung der Bewerberinnen und Bewerber und das gesamte Beamtenleben.
Kritische Infrastruktur
Der Schutz der kritischen Infrastruktur wurde in den vergangenen Jahren stark vernachlässigt. Die aktuelle weltpolitische Bedrohungslage führt die Schutzwürdigkeit der Kritischen Infrastruktur besonders vor Augen. Die Interventions- und Aktionsfähigkeit von Polizei und Sicherheitsorganen muss gewährleistet sein. Die dafür notwendige Vorsorge ist dringend und umfassend zu betreiben, hierzu gehören die Bereiche IT, Energie und Versorgung. Die Vorgehensweise in den Ländern ist zu vereinheitlichen und zu koordinieren.
PKS- polizeiliche Kriminalstatistik
Erfahrungsparameter für die PKS müssen einheitlich sein, um eine Vergleichbarkeit zu schaffen. Die PKS bildet maximal 30 Prozent der Straftaten ab und beinhaltet nur ausgewählte Deliktsformen. Als amtliche Statistik kann sie daher naturgemäß nur das abbilden, was als Hellfeld der Kriminalität bezeichnet werden kann. Das Dunkelfeld bleibt unbeachtet.
Wir brauchen daher eine echte Arbeitsstatistik, die realistisch und allumfassend den Gesamtkontext polizeilicher Sachbearbeitung abbildet. Die Wiedereinführung des periodischen Sicherheitsberichts ist daher obligatorisch. Er umfasste Inhalte aus amtlichen Datensammlungen der PKS und der Strafrechtspflegestatistiken. Eingeflossen sind wissenschaftliche Ergebnisse und Untersuchungen zu Erscheinungsformen der Kriminalität unter Berücksichtigung der Opferfürsorge. Der periodische Sicherheitsberichts wäre eine zielführende Ergänzung zur Beurteilung der Sicherheitslage in Deutschland.
Tempolimit 130 km/h und Überholverbot für Lkw auf Autobahnen
Das Tempolimit auf deutschen Autobahnen ist ein kontrovers diskutiertes Thema. Wir setzen uns für die Prüfung des Tempolimits 130km/h ein und beziehen uns dabei auf die Fachlichkeit unserer Verkehrskommissionen. Die politische Diskussion sollte schwerpunktmäßig hinsichtlich Zielführung und nachhaltiger Verkehrssicherheit geführt werden, nicht aus ideologischer Perspektive. Ergänzende und begleitende Maßnahmen wie ein generelles Überholverbot für Lkw auf Autobahnen, sowie ein mehr streifiger Fahrbahnausbau sind in eine solche Diskussion mit einzubeziehen.
Freigabe von Cannabis
Der Freigabe von Cannabis wird klar widersprochen. Cannabis ist eine Einstiegsdroge, sodass durch die Legalisierung aller Cannabisprodukte die Ungefährlichkeit der Droge indiziert wird. Der Konsum führt nachweislich vermehrt zu Verkehrsdelikten, sowie zu einer Zunahme von psychischen Erkrankungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Prävention ist und bleibt Kernelement in der Sucht- und Drogenprävention. Darüber hinaus braucht es in der Drogenpolitik einheitliche Grenzwerte.
Beweislastumkehr
Eine „Beweislastumkehr“, bei der künftig die legale Herkunft unnatürlich hoher Geldvermögen bewiesen werden muss, um so die Geldquellen der Organisierten Kriminalität besser erkennen zu können, gibt es immer noch nicht. Ermittlungen im Bereich der Organisierten Kriminalität sind aufwendig, zeit- und personalintensiv und stets verbunden mit der Auswertung umfangreicherInformationen. So „kratzen“ wir derzeit mit unserem verminderten Personaleinsatz halbherzig an der Oberfläche erkannter Strukturen, machen mal einen Hilfstäter oder Mitläufer dingfest, ohne die wirklichen Hintermänner, und deren meist internationales Geflecht, ernsthaft zu gefährden oder gar durchgreifend zu bekämpfen.
Halterhaftung
Deutliche Synergien sehen wir bei unserer Forderung nach der Einführung der „Halterhaftung“ -, im europäischen Ausland ist sie Standard. In Deutschland dagegen ist eine Ahndung festgestellter Verstöße nur möglich, wenn dem Betroffenen der Verstoß individuell nachgewiesen wird. Dabei ist eine zweifelsfreie Identifizierung häufig nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand - oder gar nicht - möglich. Verkehrsüberwachung verliert erheblich an Wirkung, wenn festgestellte Verstöße nicht geahndet werden. Für die Fahrerermittlung wird zudem vielfach hochqualifiziertes Personal unterwertig eingesetzt, das dann in der eigentlichen Verkehrssicherheitsarbeit fehlt. Eine stringentere Normbefolgung ist im Verkehrsbereich nur zu erwarten, wenn Verstöße gegen die Rechtsordnung mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit sanktioniert werden. Die Einführung der Halterhaftung entspricht der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht für Leben und körperliche Unversehrtheit.
Die Halterverantwortlichkeit ermöglicht es der Polizei, sich den Aufgaben zu widmen, die sie mit ihrem qualifizierten Personal am besten erfüllen kann, z. B. „Geschwindigkeitsüberwachung mit Anhalten“. Renommierte Verfassungsrechtler haben keine Einwände gegen die Halterhaftung.
Intelligente Videoanalyse im öffentlichen Raum
Videobeobachtung hat sowohl eine präventive als auch eine repressive Wirkung und führt zu verbesserten Aufklärungsergebnissen.
Dem Bürgerwillen entsprechend ist die Videoüberwachung im öffentlichen Raum, wie das BDSG sie vorsieht, zu forcieren und auszubauen.1
Um diesem Willen zu entsprechen, bedarf es intelligenter Lösungen, die gewährleisten, dass aus einem Gesamtinformationsangebot das Wichtige herausgefiltert wird. Das kann die Intelligente Videoanalyse leisten. „Intelligenz“ hat an dieser Stelle die Bedeutung, aufgenommene Bilder hinsichtlich vordefinierter, sicherheitsrelevanter Ereignisse auszuwerten (sogenannte Mustererkennung).
Videoanalyse soll auch vermehrt zum Schutz der kritischen Infrastruktur eingesetzt werden.
Nur mit gesunden Mitarbeitern kann es eine gesunde und leistungsstarke Polizei geben
Der Polizeiberuf ist, unbestritten, ein besonders belastender Beruf. Das gilt für alle Bereiche der polizeilichen Arbeit, sowohl mit Bezug auf die körperliche als auch auf die psychische Gesundheit. Deswegen bedarf es weitergehender Maßnahmen und Anstrengungen, um die Gesundheit der Beschäftigten zu erhalten und zu fördern.
Anzustreben ist daher eine länderübergreifende Datenerhebung, um festzustellen, wie erheblich diese Belastungen, die Lebenserwartung beeinflussen.2
Notwendig sind umfassende Maßnahmen, wie zum Beispiel regelmäßige Präventionskuren und eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung.
Zulagen bei der Besoldung
Zulagen müssen einheitlich, wertschätzend und dynamisch ausgestaltet werden.
So müssen bereits eingeführte Zulagen, exemplarisch im Bereich Kinderpornografie, hierfür maßstabgebend sein. Diesbezügliche Ungerechtigkeiten müssen beseitigt werden, sodass gleichbelastende Tätigkeiten auch gleich entschädigt werden. Das gilt neben der Sachbearbeitung im Bereich Kinderpornographie beispielsweise auch für bestehende und noch einzuführende Zulagen für Bereitschaftspolizei, Tutoren/ Praxisausbilder, weitere belastende Tätigkeiten (wie Todesermittlungen), Spezialeinheiten und Observationsgruppen.
Polizeizulage und Ruhegehaltsfähigkeit
Die Einführung einer einheitlichen Polizeizulage muss sich am derzeitigen Standard im Bund orientieren und stets ruhegehaltsfähig sein.
DUZ – Dienst zu ungünstigen Zeiten
Seit Jahren völlig unangemessen niedrig sind die Sätze für den Dienst zu ungünstigen Zeiten. Die DPolG hat vielfach darauf hingewiesen, dass vergleichbare Belastungssituationen in Beschäftigungsverhältnissen der Wirtschaft, insbesondere zur Nachtzeit, in der Regel erheblich höher honoriert werden. Gegebenenfalls sind dazu steuerliche Regelungen anzupassen. Unabdingbar ist dabei eine Fortzahlung des DUZ bei einsatzbedingter Verlängerung der Nachtzeit.
Einheitliche Personalvertretungsgesetze der Länder
Zur Verhinderung von Ungerechtigkeiten bei der Vergabe der Freistellungen ist ein einheitliches Gesetz nach Vorlage des BPersVG mit Minderheitenschutz und Vergabe der Freistellungen nach Stimmenanteil (d’Hondt), sowie einheitlichen Mitbestimmungstatbeständen anzustreben.
Björn Werminghaus, Vorsitzender DPolG Hessen
Patrick Seegers, Vorsitzender DPolG Niedersachsen
Erich Rettinghaus, Vorsitzender DPolG Nordrhein-Westfalen
Thomas Meyer, Vorsitzender DPolG Rheinland-Pfalz
1 RP Online vom 06.01.2017 „ARD-Deutschlandtrend – Vier von fünf Bürgern wollen mehr Videoüberwachung“ [Vier von fünf Bürgern wollen mehr Videoüberwachung (rp-online.de) (abgerufen am 18.02.2022)]
2 DPolG fordert eine Forschungsstudie zur Lebenserwartung von Polizeibeamten*innen | DPolG Rheinland-Pfalz - Deutsche Polizeigewerkschaft Rheinland-Pfalz (dpolg-rlp.de)